Umweltbüro Lichtenberg

Gekapselte Faulheit

Zum Sinn der Kaffeekapseln ist schnell was gesagt: Es geht schnell, und wenn man nicht am Kaufpreis für die Kapsel spart, schmeckt es auch. Es funktioniert. Die Maschinen sind nicht gar zu teuer. Sie sind klein und lassen auch in der WBS-70- Wohnung noch genügend Arbeitsplatz, um die guten Produkte aus Malchow und anderswo zu schneiden und aufzutun. Sie sind ratzfatz wieder sauber und so stets einsatzbereit. Die Werbung ist auch gut, und gute Werbung ist Kunst und dementsprechend selten. Und Portionskaffee hilft gegen Lebensmittel-verschwendung – sagt die Lobby der Kaffeekonzerne, weil, Filter-Kaffee-Kannen würden nie ausgetrunken (stimmt in meinem Büro). Dass sich Lebensmittel-Konzerne Sorgen um zu viel Verschwendung (also zu viel Verkauf) machen, ist zwar neu, aber ein schönes Green-Wash-Beispiel. Der deutlich höhere Preis des verkapselten Pulvers scheint hier zum Vater des Wunsch-Gedankens zu werden.

Und sie verursachen natürlich Müll ohne Ende: Plastik- und die besseren Aluminiumkapseln. Vor einem Jahr war zu lesen, die Deutschen würden im Jahr 3 Milliarden Kapseln verbrauchen und so 4.000 Tonnen Abfall produzieren. Zum Veranschaulichen: Eine Nespresso-Kapsel wiegt 1 Gramm. Weltweit kommt man so Pressemeldungen zu Folge auf 8 Millionen Kilogramm Aluminium.
Dass die Nespresso-Kapsel nur aus Aluminium besteht, hat das Öko-Institut dazu gebracht, sie besser zu finden als etwa Verbundkapseln aus Plastik und Aluminiumdeckel. Sortenreinheit mache das Recycling einfacher.
In Deutschland tragen die Kapselverpackungen den „Grünen Punkt“, benutzte Kapseln gehören also in die gelbe Tonne. So wirbt auch Nespresso mit einem heute erreichten Recyclinggrad von 75 % und dem selbstgesteckten hundertprozentigen Ziel. Das hält auch das duale System für machbar, der Kaffeerest störe das Recycling nicht. Auf der Internetseite von Nespresso kann man sich einen schicken Film dazu anschauen und wer die Welt nicht kennt, kann es auch glauben.           

Denn 75 % heute heißt auch: 2 Millionen Kilogramm Alu wandern derzeit noch in den Müll. Zu viele Aluminiumkapseln landen im Restmüll oder werden dort verkauft, wo eine Wertstoffsammlung schlecht oder kaum funktioniert. Öko-Test schreibt 2013, lediglich mit dem Schweizer Modell "Recycling at Home" sei ein verantwortungsvoller Umgang mit den Alukapseln möglich. Hier zeige Nespresso ein wirkliches Bemühen, alle Kapseln, die in der Schweiz verkauft werden, auch wieder einzusammeln. Allerdings fehlten auch hier Zahlen, die zeigten, ob selbst bei diesem bequemsten Recyclingweg nicht doch Kapseln im Restmüll landen. Nestlé plant "Recycling at Home" in Deutschland nicht. (nebenbei: auf der Öko-Test–Seite im Internet erscheint ständig Werbung für Kaffeemaschinen – Kapselmaschinen, natürlich).
Aber: Die Aluminiumfolie der 250-Gramm–Packung Espresso braucht ein Zehntel Aluminium für die gleiche Menge von 45 Petit Noir-Tassen. Hier liegt wohl der Hund begraben – warum immer das machen, was (technisch) geht? Warum nicht zur guten alten italienischen Espressokochkanne oder zur Siebträgermaschine greifen und die hoch energieintensive Aluminiumherstellung (über 400 Tausend Tonnen Steinkohle braucht man für die 8 Mio. kg Aluminium) und den Müll danach am Anfang vermeiden? Ja, warum? Weil wir faul sind und es gut geht. Weil wir glauben, alle Probleme lösen zu können. Wir hatten das schon: knowledge gap. Wir wissen, dass etwas falsch ist, und tun es dennoch. Und haben Ausreden. Eine, die mir beim Betrachten des wöchentlichen gelben Sacks tragfähig scheint, geht so: Die Kaffeekapseln scheinen unser kleinstes Problem, wenn ich die „Tonnen“ an Plastik, gern mit Alufolien-Deckel, angucke. Joghurt, Quark, Wurst (!), Schichtstoffe im Tetra-Pack – von sonstiger Verpackung zu schweigen. Ich glaube, die Verpackung einer Tinten-Druckerpatrone hat mehr Material als die Patrone selbst.

Kurz und gut: Nichts scheint leichter als Müll zu vermeiden, nichts wird Einem aber schwerer gemacht, ergänzt dadurch, dass Recycling–Systeme Problemlösungen vortäuschen.

 

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