Umweltbüro Lichtenberg

Artenreiche Zukunft

So, als ob jeden Monat irgendwo in der Welt eine Bildergalerie mit alten Meistern einem Brand zum Opfer fallen würde.
Tier- und Pflanzenarten bewohnen unsere Erde auf Zeit. Im Verlauf der Evolution gab es immer ein Kommen und Gehen. Spektakulär war das Aussterben der Riesenechsen innerhalb eines erdgeschichtlich kurzen Zeitraumes. Ihren Platz nahmen viele Millionen Jahre später die Säugetiere ein. Als die Menschen die Bühne der Evolution betraten, beschleunigte sich das Aussterben von Tier- und Pflanzenarten rasant. Viele Fachleute spekulieren, dass die großen Säugetiere der Nordhalbkugel auch durch die steinzeitlichen Jagdaktivitäten endgültig ausgerottet worden sind. Jedenfalls sind Mammut, Wollnashorn und Säbelzahntiger seit einigen Zehntausend Jahren ausgestorben. 


Viele Tierarten fielen dem Menschen aus wirtschaftlichem Interesse zum Opfer. Eine Ausdehnung und Intensivierung der Landwirtschaft in Mitteleuropa zog die Ausrottung von Elch und Wolf nach sich. Dafür wanderten viele als Kulturfolger bezeichnete Arten ein. Manche fanden zum Menschen enge Bindungen, wie z.B. der Weißstorch. Andere fanden weniger Wertschätzung. Greifvögel wurden als „Raubvögel“ gnadenlos bejagt. Auch den Krähenvögeln ging es nicht viel besser. Selbst die Vogelschützer unterteilten lange Zeit die Vogelarten in nützliche und schädliche. Da war es kein Wunder, dass viele Greifvogel- und Eulenarten in Mitteleuropa nahezu ausgerottet wurden.

In Deutschland wurde mit dem Reichsnaturschutzgesetz im Jahr 1935 eine wichtige rechtliche Grundlage geschaffen und erstmalig der Artenschutz für Pflanzen und nichtjagdbare Tiere eingeführt. Auch wenn der Naturschutz von den Nationalsozialisten stark vereinnahmt wurde – die Wurzeln dieses Gesetzes reichen bis zur vorigen Jahrhundertwende zurück. Das Reichsnaturschutzgesetz schützte aber nur eine mehr oder wenig willkürlich ausgewählte Zahl von Tier- und Pflanzenarten. Eine flächendeckende Erfassung der einheimischen Tier- und Pflanzenarten gab es zu dieser Zeit nur bei wenigen Arten.

Mit der zunehmenden Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft und der Siedlungserweiterung wurde es auch für andere Arten eng. In den 70er Jahren formierte sich die Naturschutzbewegung in beiden Teilen Deutschlands neu und forderte einen besseren Artenschutz. Das Landeskulturgesetz der DDR hatte zwar viele gute Ansätze, aber die Umsetzung scheiterte an fehlenden Verordnungen und an den personell gering ausgestatteten Naturschutzbehörden. Als in den 80er Jahren die ersten Roten Listen erarbeitet wurden, waren die Ergebnisse alarmierend. Selbst viele bis dahin als häufig eingestuften Arten waren in ihren Beständen besorgniserregend geschrumpft. Zerstörte Biotope, Gewässerverschmutzung und flächendeckende Ausbringung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln waren die Hauptursachen. In diese Zeit fällt auch die Einführung des Artenschutzrechtes als ergänzende spezielle naturschutzrechtliche Norm in beiden deutschen Staaten (1985/1986). Artenschutz ist inzwischen auch international organisiert, die meisten Staaten haben auch die wichtigsten Abkommen unterzeichnet. Das Washingtoner Artenschutzübereinkommen von 1973 war hier der erste Meilenstein zur internationalen Zusammenarbeit.

In Berlin gilt seit 1979 das Berliner Naturschutzgesetz (seit 1991 auch für die Ostbezirke). Im Rahmen der Landschaftsplanung, der Eingriffsregelung und der Schutzgebietsausweisung wurden die wichtigsten Flächen für den Biotop- und Artenschutz gesichert und entwickelt. In den letzten Jahren konnte so eine weitestgehend ausgeglichene Bilanz in den Berliner Roten Listen vorgelegt werden. Diese Roten Listen werden in Berlin seit 1982 geführt und geben Auskunft zum Gefährdungsgrad von Tieren und Pflanzen. Bei einigen Arten, wie Biber, Fischotter oder Ringelnatter gibt es eine bemerkenswerte Aufwärtsentwicklung. Für die meisten Amphibienarten wurde vor 35 Jahren noch die düstere Prognose des Aussterbens gestellt – die traf aber auf Grund vieler Aktivitäten zu ihrem Schutz nicht ein. Wie schnell aber eine positive Entwicklung gestoppt werden kann, wird leider gerade am Beispiel der Amphibien deutlich. Der Klimawandel hat hier in den letzten Jahren zu extremen Wintern geführt, dazu kamen im Frühjahr während der Amphibienwanderung extreme Trockenphasen. Jetzt stehen einige Populationen kurz vor dem Erlöschen. Der seit 1991 erforderliche Amphibienfangzaun am Wartenberger Weg rettete jedes Jahr Hunderte von Amphibien das Leben. In diesem Jahr wurde er erstmals nicht mehr aufgestellt, nachdem 2013 nur noch zehn Amphibien den Rettungsdienst benötigten. Im Landschaftspark Herzberge sind die Bestände der häufigen Arten Teichmolch, Erdkröte und Teichfrosch gegenüber dem Zeitraum von 2004 bis 2009 in diesem Jahr um etwa 90 % geschrumpft. Es wäre noch schlimmer gekommen, aber durch die Neuanlage von Kleingewässern konnten die Populationen der betroffenen Arten noch rechtzeitig gestärkt werden. Ob es der Kammmolch im Landschaftspark Herzberge schafft, ist fraglich. Am Hauptlaichplatz wurden leider trotz des Verbotes Fische eingesetzt – die Hauptfeinde der Larven des Kammmolches. Sie wurden im Winterhalbjahr bei der Sanierung zwar gefangen, es könnte aber zu spät sein.

Weltweit stellt der Klimawandel zwar zukünftig die größte Bedrohung für die Artenvielfalt dar, aber auch ohne Klimawandel sieht es für viele Arten nicht gut aus. Insbesondere die weitere Rodung der letzten Regenwälder beschleunigt das Aussterben ungezählter Tier- und Pflanzenarten. Obwohl sich Deutschland international im Artenschutz stark engagiert und auch im Vollzug des internationalen und nationalen Artenschutzrechtes eine Spitzenposition einnimmt, werden diese Aktivitäten durch die Lebens- und Wirtschaftsweise konterkariert. Von der Rodung der Regenwälder profitiert auch die deutsche Wirtschaft auf ihre Weise. Da dann nachwachsende Rohstoffe oder Soja auf den gerodeten Flächen angebaut werden – diese Produkte sind auch in den Industrieländern hoch willkommen. Das Thema ist sehr komplex, und auch für Fachleute sind die vielfältigen Vernetzungen nicht überschaubar. Ein völliger Verzicht auf Produkte aus diesen Regionen würde zu höheren Preisen oder einem Verlust von Arbeitsplätzen in Deutschland führen, was die absolute Mehrheit der Bevölkerung aber nicht möchte, auch wenn sie sich bei Artenschutzprojekten der Naturschutzverbände durchaus interessiert und spendenfreudig zeigt. Dabei könnte schon eine geringe Umstellung der Lebensweise, z.B. durch geringeren Fleischverzehr, erstaunliche Effekte zeigen.

Etwa 60 Jahre nach den Filmen „Serengeti darf nicht sterben“ und „Kein Platz für wilde Tiere“ von Bernhard Grzimek gab und gibt es in den Medien durchgängig eine Berichterstattung zum Artenschutz, die viele Menschen erreicht. Und die auch zu beachtlichen Fortschritten führte. Offenbar hat dies aber nicht die weitere, zunehmend schonungslose Ausnutzung von Ressourcen zu Lasten von Mensch und Natur stoppen können. Wird wenigstens der Nachwelt eine repräsentative Anzahl von Tierarten in Menschenhand erhalten bleiben? Auch da sieht es nicht gut aus. Tierschützer kritisieren erfolgreich die Haltung von Wildtieren in Zoos, die zunehmend auch Akzeptanzprobleme haben. So geht selbst in diesen Einrichtungen das Artensterben weiter.

Das ist aber kein Grund, auf den Artenschutz zu verzichten. Viele Menschen leisten einen Beitrag, ohne sich dessen bewusst zu sein. Zum Beispiel durch naturnahe Bewirtschaftung von Gartenflächen, wo auch Nistkästen für Vögel oder Gartenteiche für Amphibien und Insekten Gutes tun. Natürlich sind auch Politik und Verwaltung gefordert – weist ihnen der Gesetzgeber doch eine besondere Rolle zu. In gemeinsamer Zusammenarbeit zwischen Bezirksamt Lichtenberg und den verschiedenen Vereinen wurde in den letzten Jahren für den Artenschutz viel auf den Weg gebracht. Es scheint möglich zu sein, die in Lichtenberg vorhandene Artenvielfalt zu erhalten und zu vermehren. Die Ränder von Großstädten wie Berlin weisen inzwischen eine deutlich höhere Artenzahl auf als die durch intensive Land- und Forstwirtschaft geprägten Regionen. Arten wie Weißstorch oder Rotbauchunke sollen auch zukünftig in Lichtenberg für die Bevölkerung erlebbar sein.

 

 

 

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