Umweltbüro Lichtenberg

Bunt muss es sein

Welche Tiere leben auf Ihrem Hof?
Auf dem Hof habe ich Sundheimer Hühner, Emdener Gänse, Meißner Widderkaninchen, Bentheimer Schafe, Jakobschafe und Girgentana-Ziegen. Außerdem ein paar Pekingenten.

Wann haben Sie damit begonnen, „alte“ Haustierrassen zu halten?
1997 habe ich mir die ersten 3 Skudden zugelegt und im Laufe der Jahre sind es dann mehr geworden. 2007 bin ich durch einen Artikel im Internet auf die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e. V. (GEH) aufmerksam geworden. Damals hatten sie noch den Slogan „Erhalten durch Aufessen“, der hat mir gefallen. Die GEH suchte noch Standbetreuer für die Grüne Woche, daraufhin habe ich mich gemeldet. Seitdem bin ich jedes Jahr für die GEH auf der Grünen Woche.

Was genau bedeutet „Erhalten durch Aufessen“?
Dass es niemandem etwas nützt, wenn man Tiere züchtet und die Nachzucht nicht irgendwie „vermarkten“ kann. Es reicht eben nicht, dass die Tiere schön anzusehen sind. Sie müssen zur Landschaftspflege oder auch zur Fleischgewinnung genutzt werden.

War die Anschaffung der Skudden für Sie schon eine bewusste Entscheidung für eine alte Rasse?
Bis zur Wende hatten wir Merino-Schafe. Mir waren diese Schafe einfach zu groß. Die Skudden waren klein, „handlich“, niedlich und vor allem sind sie sehr anspruchslos, auch was die Futterfläche betrifft.

Wonach haben Sie die anderen Rassen ausgesucht?
Auf der Grünen Woche lernt man sehr viele Leute kennen, die auch so „verrückt“ sind und sich mit solchen alten Rassen befassen. Und dann ist es das Rauhwollige Pommersche Landschaf geworden, jetzt kamen noch die Bentheimer Landschafe dazu.

Durch einen ganz dummen Zufall bin ich an einen Jakobschaf-Bock gekommen. Meine Familie hat mich so lange bekniet, bis ich beim „Tag des Schafes“ in Warder bei einer Auktion mitgemacht habe, bei der man einen Jakobschaf-Bock ersteigern konnte. Ich wollte eigentlich nur so tun, als ob ich mitmache, wusste aber nicht, dass ich der einzige bin, der bietet. Mit diesem Schafbock bin ich dann 2010 hier bei uns auf Weihnachtsmärkte gegangen. Die Leute waren so begeistert von den 4 Hörnern, dass ich in Warder angerufen und mir noch ein Mutterschaf bestellt habe. In diese Rasse hat sich inzwischen mein jüngster Sohn verliebt, mittlerweile sind es schon 13 Tiere.

Wie werden diese Schafe „vermarktet“?
Die Wolle von den Jakobschafen ist im Hobbybereich sehr beliebt zum Spinnen. Jakobschafe sind gefleckt und die Wolle braucht nicht mehr gefärbt zu werden. Ich habe schwarze, braune und weiße Tiere. Das Fleisch ist auch sehr lecker, wie übrigens jedes Schaffleisch.

Haben Sie Kontakt zu anderen Haltern?
Mittlerweile ist der Kontakt zwischen den Schafhaltern in Deutschland, gerade der Halter der vom Aussterben bedrohten Nutztierassen, doch sehr ausgeprägt. Ich pflege einen regelmäßigen Kontakt beispielsweise mit der Arche Warder, der Domäne Dahlem, nach Niedersachsen und zur Insel Rügen.

Gibt es Besonderheiten bei der Haltung alter Haustierrassen? Was ist der Unterschied zum Umgang mit neueren Züchtungen?
Alte Rassen kommen besser mit Schwankungen im Futterangebot zurecht, auch die Lammung ist unkomplizierter. Seit ich die Schafe habe, musste ich vielleicht 4- oder 5-mal bei einer Geburt eingreifen, ansonsten lief immer alles ohne Probleme. Man geht abends gucken und wenn man das nächste Mal hingeht, stehen die Lämmer da. Einige Rassen wie die Skudden und auch die Pommernschafe lammen, selbst wenn sie einen Stall oder Unterstand haben, lieber draußen. Das ist alles total unkompliziert.

Warum gibt es bei neueren Züchtungen eher Probleme?
Weil die Lämmer schwerer sind. Der Nachteil ist natürlich, dass auch die Schlachtkörperausbeute geringer ist. Die Frage ist, was will man?

Was wollen Sie?
Ich habe in den letzten Jahren große Flächen zur Landschaftspflege bekommen, für die ich von den Auftraggebern entlohnt werde. In meinem Fall sind es Betriebe, die gemerkt haben, dass es zweckmäßiger und nachhaltiger ist, wenn sie ihre Grünanlagen mit Schafen beweiden lassen. Ein Betriebsleiter einer großen Firma hat mir erzählt, seitdem die Schafe da sind, halten sich in den Pausen fast alle Mitarbeiter draußen auf und sehen nach den Schafen. Das ist eine schöne Sache, wenn man merkt, es gibt nicht nur dir etwas, sondern auch anderen.

Sie stellen Ihre Schafe aber sicherlich auch nicht auf jede Fläche.
Nein, diese Flächen sind alle komplett eingezäunt, zum Glück noch wolfsfrei und teilweise videoüberwacht. Wirtschaftsschafe würden mit solchen Flächen überhaupt nicht klarkommen. Das geht nur mit den alten Rassen. Man guckt sich die Flächen natürlich an, überlegt und tauscht sich aus, welche Rasse für welchen Bewuchs am besten geeignet ist.

Inzwischen vermiete ich auch Schafe an Privatpersonen, die so ihr Grundstück „mähen“ lassen. Die Schafe bleiben ein halbes Jahr dort, das Gelände muss eingezäunt sein und braucht einen Unterstand. Zum Feierabend können die Leute dann noch eine Stunde „Schafe gucken“.

Vor dem Winter holen Sie die Schafe dann wieder ab?
Ja, allerdings zeigt sich dann erst, ob man die Schafe tatsächlich wieder mitnehmen darf oder ob sich die Leute so daran gewöhnt haben, dass sie sie behalten wollen. Die Schafe der alten Rassen suchen sich auch im Winter etwas Fressbares, ohne dabei großartig abzunehmen. Wenn Schnee liegt, muss dann Heu zugefüttert werden.


Haben Sie ausschließlich alte Rassen?
Ich habe nur noch alte Rassen. Bunt muss es sein und vom Aussterben bedroht. Das sind meine Kriterien.

Vielen Dank für das Interview!

Vivien Hein, Umweltbüro Lichtenberg

 

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