Umweltbüro Lichtenberg

Fliegen Motten in das Licht

Die künstliche Beleuchtung hat in den letzten Jahrhunderten beständig zugenommen. Ausgehend von den städtischen und dörflichen Siedlungsbereichen wirken die Lichtquellen in die freie Landschaft hinein. Dämmerungs- und Dunkelheitsphasen werden zunehmend verdrängt. Das hat zur Folge, dass die Nacht in den meisten Regionen in Deutschland zu hell ist. Es wird einfach nicht mehr richtig dunkel am Himmel - Reklametafeln, Flutlichter, Straßenbeleuchtung, hinzu kommt das Licht aus Wohnungen und Häusern, Fabriken und Autos. Der Fachausdruck dafür lautet Lichtverschmutzung. Das Verschwinden der Nacht bringt nicht nur Mensch und Tier aus dem Biorhythmus, Forscher beklagen auch, dass die Lichtverschmutzung die Sterne am Himmel unsichtbar macht. Fast ein Drittel der Bevölkerung hat noch nie die Milchstraße gesehen!   


Das größte Problem stellt hierbei die Straßenbeleuchtung dar, die das Licht meist nicht nur dahin bringt, wo es von uns Menschen genutzt wird. Etwa 150 Insekten werden in den Sommermonaten in jeder Nacht pro Straßenlaterne getötet. 9 Millionen Stück stehen davon an Deutschlands Straßen und Gehwegen, 224.000 in Berlin. Die Tiere orientieren sich seit Beginn der Evolution an Lichtquellen, wie Sonne, Mond und Sterne, daher ist es wenig verwunderlich, dass sie bestimmte Lebensfunktionen und Aktivitäten an dem Strahlungslicht dieser Lichtquellen ausrichten. Die Insekten nutzen dieses Licht aber nicht nur zur räumlichen Orientierung, sie richten auch ihre innere Uhr danach aus. Künstliche Beleuchtung kann das natürliche Orientierungsmuster stark beeinflussen. Das führt dazu, dass die meist nachtaktiven Insekten vermehrt beleuchtete Bauwerke und Lampen anfliegen. Besonders im Herbst, wenn Zugvögel sich auf die Reise in den Süden begeben und witterungsbedingt tief fliegen müssen, werden sie von künstlichen Lichtquellen irritiert. Nicht selten sind die Vögel dann verwirrt und fliegen wild kreischend durcheinander. Je nach Tierart und Grad der Lichtverschmutzung können auch Nahrungssuche, Ruhezeiten und Fortpflanzung der Tiere gestört werden. Naturschützer haben inzwischen erreicht, dass in einigen Gemeinden zur Zeit des Vogelzugs die Beleuchtung von großen Gebäuden abgeschaltet wird.
Die Folgen der Lichtverschmutzung für Flora und Fauna sind nicht nur auf die Lebensbereiche Land und Luft beschränkt. Künstliches Licht kann auch starke Auswirkungen auf den Lebensraum Wasser haben, denn die Uferbereiche vieler Gewässer sind durch künstliche Lichteinflüsse geprägt. Die meisten Fische orientieren sich am oder mit Hilfe von Licht. Dementsprechend sind sie potenziell sensibel gegenüber Veränderungen. Nächtlicher Lichteinfluss stört Fische in ihrem Fortpflanzungsverhalten und bringt damit langfristig ganze Ökosysteme aus dem Gleichgewicht.  

Mit Beginn der Industrialisierung und der Verfügbarkeit von elektrischem Licht wurden die Städte immer heller. In klaren Nächten ist es in Berlin heute 10 Mal heller als vor 150 Jahren. Wissenschaftler schätzen, dass die Lichtemission in Deutschland jährlich um  sechs Prozent zunimmt. Auf beleuchteten Gehwegen fühlen wir uns sicher und angestrahlte Gebäude signalisieren uns Wohlstand und Modernität. Helligkeit steht für das Leben an sich, für Überblick und Integration. Verlieren wir den Überblick, dann tappen wir im Dunkeln, wir assoziieren Gefahr, latente Bedrohung und Unsicherheit. Schon der nächtliche Schein des Feuers unserer Vorfahren hatte eine Schutzfunktion, hielt nachtjagende Raubtiere fern und sorgte dafür, soziale Kontakte über den Tag hinaus zu halten. 

 

 Aber es gibt auch Orte und Kommunen in Deutschland, die es sich zur Aufgabe gemacht haben,besonders dunkel zu werden. Orte, an denen Himmel und Sterne besonders gut sichtbar sind. Seit 2014 ist der Naturpark Westhavelland als erster „Sternenpark“ Deutschlands anerkannt. Den Titel vergibt die „International Dark Sky Association“, eine Organisation, die sich dem Schutz der Nacht verschrieben hat. Denn absolute Finsternis ist selten geworden. Der Naturpark erstreckt sich über eine Fläche von 1.315 Quadratkilometern. In dem kleinen Dorf Gülpe im Havelland ist es nachts so dunkel, wie sonst fast nirgendwo. Doch das 70 Kilometer entfernte Berlin kann man als orangenen Streifen am Himmel leuchten sehen. Die dünne Besiedlung der Region bietet nun eine touristische Chance, denn Gülpe wird weltweit zu den besten Orten für Sterngucker gezählt. Die Verwaltung und die Kommunen des Naturparks haben sich das Ziel gesetzt, mit umweltverträglicher und bedarfsorientierter Beleuchtung die natürliche nächtliche Landschaft zu erhalten und damit den nächtlichen Lebensraum zu schützen. Wer die Wissenschaft mit Daten zur Nachthelligkeit und Sternensichtbarkeit versorgen möchte, dem sei die App „Verlust der Nacht“ empfohlen. Die App leitet den Nutzer zu bestimmten Sternen und fragt ihn nach deren Sichtbarkeit. Durch Bestimmung des lichtschwächsten Sterns können die Wissenschaftler ermitteln, wie hell der Himmel an diesem Ort ist und wie viele Sterne gesehen werden können.     

Die hellen Nächte und die dauerhafte Ausleuchtung unserer Umgebung haben auch Auswirkungen auf den menschlichen Körper. Wir brauchen die Dunkelheit, um zur Ruhe zu kommen und abzuschalten. Nur wenn es richtig dunkel ist, kann der Körper Melatonin bilden. Stellt er die Hormonbildung ein, kommen wir aus dem Gleichgewicht - wir schlafen schlecht und unser Gedächtnis und unsere Konzentrationsfähigkeit leiden. Inzwischen gibt es wissenschaftliche Untersuchungen, die zeigen, dass Melatonin Krebs vorbeugt. Eine gestörte Melatoninbildung steigert das Risiko, an Brust- oder Prostatakrebs zu erkranken. Das zeigen Untersuchungen an Schichtarbeitern.  

  

Licht ist und bleibt etwas Künstliches, das nicht in die Nacht gehört. Ein Umdenken in den Gemeinden und Kommunen hin zur intelligenten Beleuchtung wäre ein Anfang. Die Rede ist von Straßenlaternen, die mit Sensoren ausgestattet sind und somit auf Bewegung reagieren. Nähert sich ein Fußgänger einer intelligenten Straßenlaterne, wird das Licht heller. Wenn die Sensoren keine Bewegungen messen, verdunkelt sich das Licht. Tiere und Pflanzen werden dann in ihrer Nachtruhe weniger gestört.

 

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