Umweltbüro Lichtenberg

Karpfenteichwirtschaft

Karpfenteiche prägen in vielen Gebieten Deutschlands die Landschaft. Insbesondere in Sachsen und Brandenburg - hier vor allem in der Lausitz - aber auch in einigen Gebieten Bayerns finden wir eine Vielzahl von Teichen.
Teiche sind künstliche Gewässer, die eigens zum Zweck der Fischzucht angelegt worden sind. Die großen Teichanlagen der Lausitz sind teilweise bereits über 750 Jahre alt. Die Karpfenteiche wurden hier auf den vorhandenen grundwassernahen, versumpften und von Sauergräsern be­standenen Geländesenken und Flussniederungen angelegt. Das waren die landwirtschaftlich am schwierigsten zu kultivieren­den Flächen, deren Nutzung als Teich eine erhebliche Steigerung des Bodenertrages darstellte. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts und im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts entstand dann ein großer Teil der Teiche als Folge der Torf-, Raseneisenstein-, Sand- und Lehmgewinnung. Vor allem durch die Gewinnung im Gebiet reichlich anstehenden Raseneisensteins erfuhr der Teichbau in der Lausitz einen enormen Aufschwung. Der Abbau dieses hochwertigen Eisenerzes für die Hammerwerke in Boxberg, Lauchhammer Keula oder Peitz hinterließ große, für die Anlegung von Teichen sehr gut geeignete Flächen. Das Gelände wurde bereits soweit vertieft, dass nur noch wenig Aufwand für den nachträglichen Aufbau der Dämme erforderlich war. Allerdings sind Teiche in der Lausitz immer auch gezielt zu Zwecken der Fischzucht angelegt worden. Wie immer wieder betont wird, war die Teichwirtschaft ein außerordentlich rentabler Zweig der Landwirtschaft. Auf den Wert, der dem Karpfen zukam, weist schon 1547Johannes Dubravius hin. Im Vorwort seines Buches zur Teichwirtschaft spricht er davon, dass die Fischteiche das fruchtbarste und daher den größten Wohlstand schaffende Gebiet der Landgüter bilden.
Durch die jahrhundertelange Tätigkeit der Fischerei wurde in den Teichgebieten ein neues landschaftsprägendes Element – nämlich bedeutende Wasserflächen - geschaffen. Die heute bewirtschafteten Karpfenteiche werden inzwischen von Laien häufig mit natürlich entstandenen Seen verwechselt.

Wichtigste Fischart der (Warmwasser-)Teichwirtschaft ist der Karpfen (Cyprinus carpio L.). Da er nur bei Wassertemperaturen über 20 °C gut wächst, benötigt er in unseren Breiten drei Jahre, bis er zum ca. 1,5 bis 2 Kilogramm schweren Speisefisch heranwächst. Das Alter der Karpfen zählt man daher in „Sommern“. So sind einsömmerige Karpfen etwa 50 bis 100 Gramm schwer, zweisömmerige 300-800 Gramm und die Speisekarpfen sind dreisömmerig.
Wichtige Nebenfische der Karpfenteichwirtschaft sind Hecht, Schlei und Zander, in zunehmendem Maße heute aber auch Wels und verschiedene Störarten.
Karpfenteiche sind so angelegt, dass sie die Ansprüche der dort aufgezogenen Fischarten zum Beispiel an Wassertemperatur und Nahrung in besonderer Weise erfüllen. Karpfenteiche sind flache Standgewässer, die anders als die (Kaltwasser-)Teiche der Forellenwirtschaft ohne ständigen Wasserdurchstrom auskommen. Die Wasserzufuhr erfolgt im Sommer nur, um Verdunstung und Versickerung auszugleichen. Karpfenteiche sind im Mittel kaum tiefer als einen Meter. Nur am Teichablauf (dem so genannten „Mönch“) können sie ein wenig tiefer sein. Diese geringe Wassertiefe sorgt aber dafür, dass dem Karpfen in der Wachstumszeit ausreichend hohe Wassertemperaturen geboten werden. Interessanterweise ist die Wassertemperatur von Karpfenteichen im Tagesmittel höher als die der Luft. Gleichzeitig entsprechen Karpfenteiche in ihrer gesamten Ausdehnung dem für die Nährtierproduktion besonders produktiven Uferbereich von Seen.

AbfischungZusätzlich zu den baulichen Gegebenheiten ist die Art und Weise der Bewirtschaftung ausschlaggebend dafür, dass in Karpfenteichen deutlich höhere Fischerträge als in natürlichen Seen erzielt werden können.

Wichtigste Bewirtschaftungsmaßnahme ist die ständige Optimierung des Fischbesatzes durch regelmäßiges Abfischen im Frühjahr und Herbst. Damit wird eine Jahrgangstrennung und so eine auf die jeweilige Altersstufe zugeschnittene Bewirtschaftung erreicht. Verschiedene Altersklassen von Karpfen werden aus Gründen der Seuchenhygiene, aber auch aus Gründen der Nahrungskonkurrenz zwischen den verschiedenen Altersstufen nicht vermischt.
Karpfen können als wechselwarme Tiere in sehr hohen Bestandsdichten überwintert werden. Hier läuft ihr Stoffwechsel sozusagen auf „Sparflamme“. In jedem Frühjahr erfolgt dann ein an die Ertragsfähigkeit des jeweiligen Teiches angepasster Besatz.
Mit Ausnahme der Überwinterungsteiche liegt ein Großteil der Teiche im Winter trocken. Sie werden erst so spät wie möglich mit Wasser gefüllt. Das Austrocknen des Teichbodens sichert eine Mineralisation der Nährstoffe, eine Abtötung von Parasiten und Krankheitserregern und bei Füllung („Bespannung“) mit Wasser eine Massenentwicklung von Bodennährtieren und Zooplankton.
Grundsätzlich ist eine Erzeugung von Karpfen in Teichen ohne jede Fütterung möglich. Üblich ist heute aber eine Zufütterung mit Getreide, um die Flächenerträge und damit die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen. Dabei dient die Naturnahrung als Lieferant des lebensnotwendigen Eiweißes für den Zuwachs, die Kohlenhydrate des Futters als Energielieferant „strecken“ die begrenzten Eiweißmengen der Nährtiere.
Eine Aufzucht von Karpfen ist auch mit vollwertigen Mischfuttermitteln möglich. Damit lassen sich die Flächenerträge nochmals weiter steigern. Diese Form der Karpfenteichbewirtschaftung findet aber aus Kostengründen heute in Deutschland nicht mehr statt.
Weitere Bewirtschaftungsmaßnahmen in der Teichwirtschaft können die Kalkung zur pH-Wert-Stabilisierung und zur Wasserkonditionierung oder die Düngung mit organischen oder anorganischen Düngestoffen zur Erhöhung der Nährtierproduktion sein. Aber auch Maßnahmen zum Erhalt der Produktionsfläche, wie Schilfschnitt, Graben- oder Böschungspflege und selbst Entschlammungen und Teichbau zählen zu den regelmäßig notwendigen Bewirtschaftungsmaßnahmen von Karpfenteichen.

Durch die Anlage von Fischerei-Teichen und ihre jahrhundertelange ununterbrochene Bewirtschaftung ist eine ökologisch außerordentlich wertvolle Landschaft entstanden. Die Anlage von Teichen ist vielleicht sogar die einzige Kultivierungsmaßnahme der Menschen in der Landschaft, in deren Folge die Biodiversität zugenommen hat. Teiche sind heute Ersatzlebensräume für viele, ursprünglich an Flussauen gebundene Tier- und Pflanzenarten. Teichlandschaft ist sozusagen „Natur aus zweiter Hand“.
In den großen Teichgebieten ist es fast alltäglich, bei Spaziergängen See- oder Fischadler, Eisvogel oder Kranich zu begegnen. Im Teichgebiet leben darüber hinaus Eisvogel, Rothalstaucher, Schwarzhalstaucher, Große Rohrdommel, Zwergrohrdommel, Schwarzstorch, Weißstorch, Knäkente, Steinkauz, Wiedehopf, Grauammer, Blaukehlchen oder Wendehals.
Neben vielen Lurchen, wie Kammmolch, Teichmolch, Rotbauchunke, Knoblauchkröte, Erdkröte, Wechselkröte, Kreuzkröte, Laubfrosch, Grasfrosch, Moorfrosch, Seefrosch, Teichfrosch und Kleinem Wasserfrosch, Kriechtieren wie z.B. Zauneidechse, Waldeidechse, Blindschleiche, Ringelnatter, Glattnatter, Kreuzotter sind zum Beispiel für das Oberlausitzer Teichgebiet 10 Fledermausarten und flächendeckend die vitalste Fischotterpopulation Mitteleuropas nachgewiesen.
Wegen der überragenden Bedeutung der Karpfenteiche für die Naturausstattung wurden große Teichgebiete in Naturschutzgebieten, Landschaftsschutzgebieten oder in Biosphärenreservaten unter Schutz gestellt.

 

 

 

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