Das Marine Stewardship Council wurde 1997 als eine unabhängige, gemeinnützige und nicht staatliche Organisation gegründet und geht auf eine Initiative des WWF und des Lebensmittelkonzerns Unilever zurück. Antrieb war damals der Populationszusammenbruch des kanadischen Neufundland-Kabeljaus, durch den 35.000 Fischer und Fabrikangestellte ihre Jobs verloren.
Mit dem MSC-Siegel soll die Fischerei nachhaltig gestaltet und weitere Zusammenbrüche von Populationen verhindert werden. Denn schätzungsweise 800 Millionen Menschen weltweit verdienen ihren Lebensunterhalt mit der Fischerei oder in nachgeschalteten Bereichen.
Mit dem MSC-Siegel ausgezeichnet werden nur Fischereien, die Fischbestände so nutzen, dass sie in einem guten Zustand bleiben oder sich wieder dahin entwickeln. Die Fanggeräte müssen so gestaltet sein, dass deren Auswirkungen auf den Lebensraum vertretbar sind. Das gleiche gilt für den Beifang. Gutes Management ist ebenso wichtig. Die Fischereien werden dazu angehalten, ihre Fangmethoden und –geräte stetig weiterzuentwickeln, um ihre Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren.
Genauso wichtig ist dem MSC die Rückverfolgbarkeit der kompletten Lieferkette. Die Zertifizierung erfolgt am Ende durch „Dritte“. Aus einem Pool von Gutachtern darf sich der zu zertifizierende Betrieb selbst einen Gutachter auswählen. Der MSC sieht sich selbst als eine Verwaltungsstelle, denn mittlerweile wurden 300 Betriebe zertifiziert. Diese werden jährlich vom ausgewählten Gutachter auf die Einhaltung der Standards überprüft.
Stiftung Warentest hat im Frühjahr 2018 das MSC-Siegel genauer geprüft. Derzeit wird das Siegel für 141 Arten von Fischen und Meeresfrüchten vergeben. Betriebe aus 38 Ländern sind bereits zertifiziert und machen weltweit 14 Prozent des Wildfangs aus. Stiftung Warentest hatte beim Test mehrere Mängel aufgezeigt. Zum Beispiel, dass der Schutz der Bestände kaum über nationale oder internationale Gesetze hinausgeht. Es darf bis zum Bestandslimit gefischt werden. Jene Grenze, ab der das Risiko besteht, dass der Bestand zusammenbrechen könnte. Eine kurzzeitige Überfischung ist nicht auszuschließen. Der Beifang ist kaum kontrollierbar. Dies wäre nur durch Kameras oder Beobachter an Bord möglich.
Ein weiterer großer Kritikpunkt ist die Erlaubnis von Grundschleppnetzen. Das Grundtau wird mit schweren Stahlkugeln am Grund gehalten. Greenpeace und der BUND lehnen diese ab, da sie großen Schaden am Meeresgrund anrichten. In MSC-zertifizierten Betrieben sind diese aber erlaubt!
Die Rückverfolgbarkeit erwies sich im Test von Stiftung Warentest als schwierig. Bei neun getesteten Produkten konnte sich die Lieferkette nicht vollständig zurückverfolgen lassen. Und auch der MSC selbst konnte keine Auskunft geben, schreibt aber auf der Internetseite, dass weniger als ein Prozent der Produkte falsch mit dem MSC gekennzeichnet werden. Ein Code auf der Verpackung führt zum weiterverarbeitenden Betrieb oder Händler. Dabei wird dem Händler selbst überlassen, ob er die Fangbetriebe nennt oder nicht. Daher ist es für den Verbraucher unmöglich, die gesamte Lieferkette nachzuvollziehen.
Zwar hat das Siegel einige Mängel, jedoch arbeiten sie stetig an der Verbesserung der Zertifizierung und der Fangmethoden. Um das Tierleiden beim Fangen und Töten zu mindern, wird an Lösungsansätzen geforscht. Zum Beispiel, dass Schollen an Bord direkt mit Strom betäubt werden und dann erst getötet werden.
Langsam entwickeln sich weitere Siegel im Bereich Fisch. Diese sind allerdings noch nicht so breit aufgestellt wie das MSC-Siegel. Dafür beziehen diese Siegel wesentlich mehr Standards ein, soziale wie ökologische.
Mit dem Siegel „Naturland Wildfisch“ zertifiziert Naturland seit 2007 Fischereien. Daher ist das Angebot noch recht klein, könnte sich aber ausweiten. Im Gegensatz zum MSC-Siegel sind umweltschädigende Fangmethoden, wie das Grundschleppnetz, verboten. Zusätzlich wird auch der Sozialstandard für Fischer bei der Zertifizierung berücksichtigt. Ebenso der achtsame Umgang mit den Ökosystemen.
Für Produkte aus Aquakultur gibt es das Friend of the Sea-Siegel. Als Aquakultur bezeichnet man die Zucht von im Wasser lebenden Arten in dafür vorgesehenen Becken im Meer, Fluss oder See, wie zum Beispiel die Austernzucht auf Sylt. Für die Zertifizierung ist wichtig, dass die natürliche Umwelt bewahrt wird, z. B. Mangroven und Feuchtgebiete. Die Flucht von Tieren soll verhindert werden, damit die gezüchteten Arten sich nicht mit den wildlebenden vermischen. Es dürfen keine Antibiotika und Chemikalien eingesetzt werden. Der Gewässerschutz ist auch ein wichtiges Kriterium. Die soziale Verantwortung und eine graduelle Verringerung des CO2-Fußabdruckes gehören ebenfalls zu den Kriterien.
Auch das Aquaculture Stewardship Council (ASC) zertifiziert Fisch aus Aquakultur. Dieser wurde 2010 gegründet und hat seitdem Zertifizierungsstandards für 12 Arten entwickelt. Da die Zucht bei allen unterschiedlich verläuft, sind die Kriterien unterschiedlich. Im groben soll die Verschlechterung der Wasserqualität, Zerstörung von Ökosystemen, Flucht von Tieren und der Einsatz von Antibiotika minimiert werden. Soziale Standards, wie geregelte Arbeitszeiten und faire Löhne, müssen eingehalten werden. Transparenz nach außen soll durch regelmäßige Gespräche mit den angrenzenden Gemeinden gewährleistet werden.
Einmal im Jahr erfolgen Kontrollen in den Betrieben und es wird überprüft, ob sie noch dem Standard des Siegels entsprechen. Alle drei Jahre muss das Siegel erneut beantragt werden.
Das MSC-Siegel hat einige Schwachstellen, die größten sind die Erlaubnis von Grundschleppnetzen und die Zertifizierung zu vieler Betriebe. Denn es stellt sich die Frage, ob diese Betriebe wirklich alle kontrolliert werden und wie Grundschleppnetze mit dem Grundsatz des Ökosystemerhaltes vereinbar sein können. Das MSC sieht sich eher als Verwaltungsstelle und führt selber keine Kontrollen durch, sondern verlässt sich auf die Ergebnisse der Gutachter.
Mittlerweile gibt es aber andere Siegel, die noch nicht so verbreitet sind, aber dafür höhere Ansprüche an die Betriebe stellen. Diese sollten bei dem einen oder anderen Biomarkt vertreten sein.
Wer sich nicht nur auf ein Siegel verlassen möchte, für den gibt es die Fischratgeber von Greenpeace und WWF. Denn das Fanggebiet sowie das Fanggerät sollten auf der Verpackung von Fischprodukten nachlesbar sein. Anhand des Ampelsystems der Fischratgeber kann man dann nachschauen, ob dieser Fisch aus dem Fanggebiet, mehr oder weniger ohne schlechtes Gewissen, gegessen werden kann.
Den Ratgeber von Greenpeace gibt es auch als App für das Smartphone. Den vom WWF findet man online unter: http://fischratgeber.wwf.de/desktop/#/.
Auch in den Ratgebern erkennt man anhand des Ampelsystems, dass kaum ein Fisch mehr guten Gewissens gegessen werden kann. Denn viele Bestände sind überfischt oder an der Grenze zur Überfischung. Wer also wirklich nachhaltig leben möchte, müsste auf jeglichen Fisch verzichten. Nur so können sich die Bestände wieder erholen und zukünftigen Generationen die Nutzung ermöglichen.
Quelle:
https://www.test.de/MSC-Ein-Siegel-im-Check-5297352-5297363/
https://www.msc.org/de/home
https://www.asc-aqua.org/de/
https://www.naturland.de/de/naturland/was-wir-tun/fisch/nachhaltiger-fischfang.html
http://www.friendofthesea.org/DE/
Bilder: www.pixabay.com, WWF Deutschland, http://www.friendofthesea.org/DE/